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Digitalisierung, Datenmüll und der globale Energieverbrauch

Schaden Cloud-Lösungen der Umwelt?

Blog author Pascal and Jan

Pascal & Jan

Founders and CEOs of ViOffice
Future disk space management in cloud
Veröffentlicht am 19.07.2021

Einer der wenigen Vorteile der Covid-Pandemie ist der Digitalisierungsschub für die Wirtschaft und die Verwaltung. Mit der zunehmenden Nutzung digitaler Lösungen steigt jedoch auch der Anteil des Internets am globalen Energieverbrauch. Insbesondere Cloud-Computing weist ein starkes Wachstum auf. In diesem Gastbeitrag möchten wir einerseits die Rolle des Internets am globalen Energiebedarf erläutern und darüber hinaus unseren Fokus auf das Thema Cloud-Computing legen.

Blog author Pascal and Jan

Pascal und Jan

Pascal und Jan sind Gründer und Betreiber von ViOffice. Sie verfolgen das Ziel einer digitalisierten Welt, die  gleichzeitig hohe ethische und umweltverträgliche Standards erfüllt. ViOffice ist eine cloudbasierte Büroplattform, die eine Vielzahl verschiedener Opensource Cloud- und Büroanwendungen kombiniert.

Energiekonsum des Internets

Um das Thema Cloud-Computing, Datenmüll und Digitalisierung umfassend in die Thematik einzuordnen, lohnt sich zunächst ein Blick auf den Energiekonsum des Internets allgemein. Mit dem Ausbau und der Verbreitung des Internets ist auch dieser Sektor heute in erheblichem Maße an dem stetig steigenden Energiebedarf beteiligt. Die Server und Rechenzentren stoßen heute schon so viel CO2 aus, wie der globale Luftverkehr. Der Anteil am Energiekonsum des Internets beläuft sich bereits auf über 10 Prozent. Je nach Schätzung bleibt dieser Anteil in optimistischeren Szenarien relativ stabil auf etwa 10 Prozent, wobei die wahrscheinlichsten Prognosen einen Anstieg auf etwa 20 Prozent in diesem Jahrzehnt voraussagen. Somit wird die Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) vermutlich bereits 2025 mehr CO2-Emissionen erzeugen als jeder Staat der Erde, abgesehen von China, Indien und den USA. [1, 2]

Quelle: International Energy Agency 2020.

 

Zudem müssen zum einen die Endgeräte von einer immer weiter wachsenden Zahl von Endnutzer:innen, wie zum Beispiel Computer, Smartphones oder auch IoT-Geräte berücksichtigt werden, aber viel wichtiger noch die massiven Rechenzentren, welche zum Betrieb und zur Vernetzung dieser Geräte zum Einsatz kommen. Wenn man diese Endgeräte in die Schätzung einbezieht, könnte der Anteil sogar bei knapp über 50 Prozent des globalen Energiebedarfs bis Ende des Jahrzehnts liegen. [3, 4]

Energie im Internet wird nicht nur durch den dauerhaften Betrieb der Rechenzentren benötigt, sondern insbesondere auch für deren Kühlung. Komplexe Kühlsysteme machen mittlerweile etwa 40 Prozent des Energieverbrauchs der Rechenzentren aus. Der Digitalisierungsdruck durch die anhaltende Pandemie leistet wohl auch einen eigenen Beitrag zum Anstieg der CO2-Emissionen durch das Netz. Mehr zum Thema Energiekonsum des Internets sind im ViOffice Blog zu finden.

 

Was ist Cloud-Computing?

Die Nutzung von Cloud-Lösungen hat sich in den letzten Jahren als fester Bestandteil der Digitalisierung etabliert. Aber was ist eine „Cloud” und daran anknüpfend „Cloud-Computing” eigentlich und inwiefern ist es relevant im Kontext des globalen Energieverbrauchs?

Folgt man der Beschreibung einschlägiger Unternehmen im Bereich des Cloud-Computing, handelt es sich hierbei um die generelle Bereitstellung von Computer- bzw. Serverressourcen über ein Netzwerk oder das Internet hinweg. Ein vergleichsweise schwaches Endgerät, wie beispielsweise ein Smartphone kann hierdurch auf die Rechen- und Speicherkapazitäten einer ganzen Serverfarm am anderen Ende der Welt zugreifen um beispielsweise große Mengen an Dateien zu lagern oder einfach um einen durch das Mikrofon aufgenommenen Sprachbefehl zu interpretieren und in eine entsprechende Aktion zu übersetzen. [5, 6, 7, 8]

Cloud-Computing ist keine Nischenerscheinung, sondern eine allgegenwärtige und stark wachsende Technologie. Laut Schätzungen liegen die globalen Umsätze für Produkte im Segment des Cloud-Computing alleine im Jahr 2019 bei knapp 4 Billionen (das sind zwölf Nullen!) US-Dollar. Bis zum Jahr 2022 werden hierbei Zuwächse um mindestens 10-15% erwartet, wobei die COVID-19 Pandemie sicherlich zu einem weiteren, unerwarteten Wachstum beitrug. [9, 10]

 

Der ökologische Fußabdruck

Die vermeintlichen Vorteile in der Verlagerung von Rechen- und Speicherkapazitäten stehen eindeutig in Skalierbarkeit und Flexibilität, aber auch in der Kosteneffizienz für die Anbieter, da nicht jedes Endgerät alle Aufgaben alleine bewältigen muss, sondern ein zentraler Server (oder ein Servercluster) für verschiedenste Aufgaben „on-demand“ hinzugezogen werden kann. [5, 6, 7]

Der Effizienzgewinn wirkt sich selbstverständlich auch auf den Energiekonsum aus. Eine gut ausgelastete Cloud-Computing Infrastruktur, die von vielen verschiedenen Personen gleichzeitig in Anspruch genommen wird, kann durchaus weniger Energie benötigen als entsprechend stärker ausgerüsteter, voneinander unabhängiger Endgeräte. Um den tatsächlichen Unterschied beider Optionen zu vergleichen, muss allerdings auch bedacht werden, dass nicht unerhebliche Datenmengen zwischen Endgerät und Cloud transferiert werden müssen. Wie bereits zuvor beschrieben, kann der Anteil der Internetkonnektivität am Gesamtenergieverbrauch erheblich sein. [11]

Dabei kommt es außerdem auf die Art des Cloud-Services an. Bei der Speicherung von Daten in der Cloud kommt es beispielsweise zum einen auf die Menge und zum Anderen auf die Anzahl der Zugriffe an. Hierbei gilt, je mehr und je öfter Daten zwischen externem Speicher und dem Endgerät transferiert werden, desto weniger Effizient ist die Cloud, bis zu dem Punkt, bei dem eine lokale Speicherung um ein Vielfaches weniger Energie verbrauchen würde. [11]

Die ökonomische und ökologische Effizienz von Cloud-Computing hängt also untrennbar mit der Art und Häufigkeit der Nutzung zusammen. In diesem Zusammenhang tritt zudem das Problem des sogenannten „Cloud Waste“ auf, also der suboptimalen Nutzung von Ressourcen durch überproportionierte Cloud-Infrastruktur. Immer dann, wenn Rechenleistung der Cloud-Infrastruktur nicht oder nur zu Teilen genutzt werden (beispielsweise außerhalb der „digitalen Rushhour“), wird Energie für die Grundversorgung der Hardware verschwendet. Laut Schätzung betrug der Cloud Waste im Jahr 2019 durch überproportionierte Cloud-Infrastruktur und Leerlauf der Hardware zwischen 30-40%. Der dadurch entstehende Schaden ist nicht nur finanzieller Natur, sondern auch ökologischer, insbesondere dann, wenn der Energiemix einen hohen Anteil fossiler Energie enthält. [9, 10]

Obwohl also ein zumindest theoretisches Potenzial für effiziente Energieverwendung in der Nutzung von Cloud-Computing liegt, scheint Verschwendung aktuell eher die Regel statt Ausnahme zu sein. Davon abgesehen sprechen zwei grundsätzliche Konzepte der IT gegen die Idee, dass Cloud-Computing alleine zu einem Ressourcen-schonenderen Umgang von Rechenleistung führt.

Folgt man Jevons Paradoxon, so wird die stetig steigende Effizienz von Cloud-Computing nicht dazu führen, dass dieser Industriesektor weniger Energie verbraucht, sondern vielmehr, dass jegliche Energieeffizienz durch die Digitalisierung von Unternehmen und Administrationen und deren Einsatz zusätzlichem Cloud-Computings aufgewogen wird. Gleichzeitig legt Mooresches Gesetz nahe, dass die Anforderungen an (Cloud-) Computing auch in der Zukunft so rasant steigen werden, dass Serverhardware ständig ausgetauscht und durch einerseits effizientere, aber gleichzeitig leistungsstärkere Komponenten ersetzt werden muss, selbst dann wenn nicht alle an die Cloud angeschlossene Endgeräte diese Leistung tatsächlich benötigen würden. Dies führt dann neben steigendem Energiekonsum auch zu einem ständigen Austausch von Serverhardware, in der seltene und durch die Art des Minenbaus ökologisch bedenkliche Metalle Verwendung finden. [12]

Handlungsempfehlungen für Unternehmen

1. Problembewusstsein

In weiten Teilen der Gesellschaft ist der Einfluss der zunehmenden Cloud-Nutzung auf die Umwelt nicht bekannt, d.h. der erste Schritt ist das Problem bewusst wahrzunehmen. Sofern euch das Thema bereits bekannt ist, kann aktiv im Umfeld, also etwa am Arbeitsplatz, dazu beigetragen werden, das Problembewusstsein zu erhöhen. Arbeitet man selbst in einem Bereich, der Cloud-Dienste nutzt, könnte zudem ein firmeninternes Assessment der Umwelteinflüsse durch diese Dienste angestoßen werden. 

2. Nutzung erneuerbarer Energien

Heutzutage gibt es einige Energieunternehmen, die ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien anbieten. Dementsprechend gibt es auch für die meisten Cloud-Dienste, Unternehmen, die diesen Nachhaltigkeitsaspekt berücksichtigen.

3. Nutzung effizienter Hardware

Dank des technologischen Fortschritts wird die verfügbare Hardware nicht nur stetig leistungsfähiger, sondern auch effizienter. Somit könnte ein Wechsel zu moderner Hardware in den Serveranlagen zu Energieeinsparungen führen.

4. Optimierung der Hardware-Nutzung

Nicht nur effizientere Hardware ist relevant, sondern auch die Optimierung der Hardware-Nutzung. Zuvor wurde bereits das Thema des „Cloud Waste“ besprochen. Dieses Problem kann mit Hilfe von optimierter Hardware-Nutzung reduziert werden. So gibt es Systeme, die bei einer geringen Auslastung die physischen Kapazitäten automatisch herunterfahren, um eine effiziente Nutzung sicherzustellen.

5. Vom eigenen Datencenter zur Cloud

Einige Unternehmen betreiben eigene Daten- und Rechenzentren, statt auf externe Cloud-Lösungen zu setzen. Je nach Energiequelle, Effizienz und Optimierung der Hardware kann dies durchaus sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll sein. Allerdings haben nicht alle Unternehmen die Kapazitäten diese Kriterien vernünftig umzusetzen. In solchen Fällen sollte ein Umstieg von der eigenen Infrastruktur auf externe Cloud-Dienstleister in Betracht gezogen werden.

 

Fassen wir also nochmal zusammen: Zunächst sollte das Problembewusstsein rund um die Umweltverträglichkeit von Cloud-Nutzung steigen. Für eine umweltbewusstere digitale Datenverwaltung gibt es sowohl Möglichkeiten, Strom bei entsprechenden Anbietern ausschließlich aus erneuerbaren Energien zu beziehen, als auch moderne, energieeffiziente Hardware zu nutzen. In jedem Fall sollten Firmendaten zudem organisiert verwaltet werden – seinen Platzverbrauch im Blick zu behalten spart nicht nur Geld, sondern vermeidet auch Cloud Waste.

Wie können Sie Ihre Speicherplatznutzung noch weiter optimieren?

Quellen und Literatur

  1. International Energy Agency (2020): Key World Energy Statistics 2020.

  2. Parrisius, Anna (2019): Was unser Digitalkonsum an Energie kostet.

  3. Umweltbundesamt (2020): Energieverbrauch privater Haushalte.

  4. International Energy Agency (2020): Global CO2 emissions in 2019.

  5. IBM: Cloud-Computing: Ein umfassender Leitfaden

  6. Microsoft Azure: Was ist Cloud Computing?

  7. Amazon Web Services: Was ist Cloud Computing?

  8. Peter Mell, Tim Grance (2011): The NIST Definition of Cloud Computing.

  9. Hind Naser (2020): What is Cloud Waste and How to Tackle it?

  10. Aman Juneja (2019): Why Is There So Much Cloud Waste?

  11. Lisa Zygga (2010): How energy-efficient is cloud-computing?

  12. Nethra Gupta (2020): The Cloud Paradox: Energy Requirements of Cloud Computing.

  13. IBM (2015): 4 ways moving to cloud reduces the IT energy footprint.

  14. Beam, Brad (2021): 10 Steps to Reduce Cloud Waste.

 

 

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